Gedenken an den Terroranschlag am 7. Oktober 2023

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Das Gedenken an den Terroranschlag vom 7. Oktober ist in diesen Tagen, im Oktober 2025 eine besondere Herausforderung. Auf der einen Seite steht die uneingeschränkte Solidarität mit den Opfern dieses menschenverachtenden Verbrechens und den immer noch nicht frei gelassenen Geiseln. Auf der anderen Seite steht die Trauer und das Entsetzen angesichts der Opfer und der derzeitigen Situation im Gazastreifen, für die die Hamas, aber umso mehr die derzeitige, rechtsgerichtete israelische Regierung verantwortlich ist.

Wir dokumentieren im Folgenden eine Erklärung der Präses der Ev. Kirche von Westfalen, die unseres Erachtens den richtigen Ton trifft und jetzt wichtige Perspektiven zum Ausdruck bringt. Wir schließen uns dieser Erklärung an, trauern um alle Opfer und beten dafür, dass der Krieg im Gazastreifen in diesen Tagen beendet wird.

Stellungnahme der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen Dr. Adelheid Ruck-Schröder zum 2. Jahrestag des Massakers der Hamas vom 7. Oktober 2023
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Zwei Jahre nach dem grausamen Massaker von Hamas-Kämpfern an israelischen Zilvilist*innen bestimmen Krieg und Gewalt, Leid und Trauer weiterhin das Leben im Heiligen Land. Das Massaker und der folgende, bis heute andauernde Krieg beeinflussen auch das Zusammenleben der Religionen und der Menschen hier in Westfalen und in ganz Deutschland. Beides, die Situation im Heiligen Land und die in Deutschland, fordert uns zu Worten und Taten heraus.
Immer noch befinden sich etwa 20 lebende Geiseln sowie die Leichname von ca. 30 Geiseln in der Hand der Hamas in Gaza. Wir beklagen die Menschenverachtung der Hamas und bitten alle, die Kontakt zu ihr haben, auf sie einzuwirken, die Geiseln freizulassen, die Leichname zu übergeben und um der Menschen in Gaza willen den bewaffneten Kampf zu beenden. Wir beten für die Geiseln und ihre Angehörigen, für die, die durch das Massaker und die Gefangenschaft traumatisiert sind, sowie für alle Verletzten und für die, die ihre Heimatorte verlassen mussten.
Je länger der Krieg dauert, desto mehr Opfer werden im Gaza-Streifen, im Westjordanland, im Libanon und an anderen Orten im Mittleren Osten gezählt. Wir fordern die Verantwortlichen in der Regierung Israels auf: Hunger und Vertreibung dürfen kein kriegerisches Mittel sein, wie auch immer deren Zweck zu bewerten ist. Wir gedenken der über 65.000 in diesem Krieg getöteten Menschen und beten für ihre Angehörigen, für die Verletzten und Verzweifelten, für die unzähligen Menschen, deren Häuser zerstört sind und die auf der Flucht sind. Wir bitten alle, die Einfluss auf die Politik Israels haben: Machen Sie sich stark für ein Ende des Krieges und für eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten.
Unsere Kirche hat auf die Regierung Israels und auf die Verantwortlichen der Hamas keinen direkten Einfluss. Dennoch schauen wir der Eskalation der Gewalt nicht tatenlos zu. Als Evangelische Kirche von Westfalen sind wir in regelmäßigem persönlichem Austausch mit palästinensischen Christ*innen im Heiligen Land, insbesondere mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Ebenso stehen wir in engem Kontakt mit israelischen und palästinensischen Nichtregierungsorganisationen, die sich für Begegnung und Gerechtigkeit einsetzen. Wir haben in den letzten beiden Jahren sowohl das Hostage and Missing Families Forum als auch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land finanziell unterstützt, außerdem das jüdisch-arabische Summercamp des Leo-Baeck-Education Centers in Haifa sowie das Rehabilitationszentrum der Herrnhuter Mission in Ramallah. Wir informieren auf der Homepage unserer Landeskirche über die Situation im Heiligen Land und lassen Betroffene in unseren Synoden und Veranstaltungen selbst zu Wort kommen. Zudem fördern wir weitere Organisationen und Initiativen, die sich für Versöhnung und Frieden einsetzen. An diesem Engagement werden wir auch in Zukunft festhalten.
Ich selbst plane, noch in diesem Jahr mit einer Delegation des Präsidenten des Landtags Nordrhein-Westfalen nach Israel zu reisen und Anfang des kommenden Jahres die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land zu besuchen.
Die Evangelische Kirche von Westfalen verfolgt aufmerksam die Situation in Deutschland und insbesondere in Westfalen. Der wachsende Antisemitismus macht uns große Sorgen. Er ist in keiner Weise hinnehmbar. Er ist ein Skandal, dem sich unsere Gesellschaft und auch unsere Kirche stellen muss. Eindeutig sagen wir: Jüdinnen und Juden in Deutschland sind nicht für die
Politik der israelischen Regierung verantwortlich zu machen. In derselben Klarheit verurteilen wir eine zunehmende Islamfeindlichkeit. Musliminnen und Muslime, Araberinnen und Araber sowie Palästinenserinnen und Palästinenser in Deutschland sind nicht für die Gräueltaten der Hamas verantwortlich zu machen. Beide Gruppen trauern um Verwandte, Freundinnen und Freunde, Glaubensbrüder und -schwestern im Heiligen Land. In beiden Gruppen kommt es zu Traumatisierung, Wut, Enttäuschung und Resignation.
In einer Situation, die vielfach von Sprach- und Empathielosigkeit, von Misstrauen und unterbrochener Kommunikation zwischen Religionen und ihren Vertreter*innen gekennzeichnet ist, möchte die Evangelische Kirche von Westfalen die Verbindungen zu Jüdinnen und Juden sowie zu Musliminnen und Muslimen in Westfalen stärken. Es gibt keine Alternative zu Begegnung und Dialog. Zusammen mit Jüdinnen und Juden, Musliminnen und Muslimen hoffen wir: Gottes Liebe ist stärker als aller Hass.