Dokumentation zu INTR°A im Gespräch mit Dr. Reinhard Kirste: Den Horizont erweitern – Interreligiöses Lesen biblischer Texte

92

Montag, 1. Dezember 2025, 18.00–19.30 Uhr (digital via ZOOM)

Zum Inhalt

Sowohl in der kirchlichen Arbeit als auch im Religionsunterricht sind biblische Texte wichtige Zugangswege zu Glauben und spiritueller Erfahrung. Damit die Texte ihre volle, inspirierende Kraft entfalten können, bedarf es origineller, aufschließender Ansätze der Auslegung. Ein innovativer, noch viel zu wenig praktizierter Ansatz ist ein Lesen und Auslegen biblischen Texte im Licht anderer religiöser Traditionen. Und zwar nicht nur im Blick auf die jüdische Tradition, die der christlichen Tradition sehr nahesteht, sondern auch bezüglich anderer Traditionen, wie zum Beispiel dem Islam und den asiatischen Religionen.

Unser Gesprächspartner bei dieser Veranstaltung, Reinhard Kirste, wurde in seiner eigenen Auslegungstätigkeit von der sogenannten „Existentialen Interpretation“ des Neutestamentlers Rudolf Bultmann geprägt. Ebenso haben ihn immer wieder Begegnungen in Ländern mit mehrheitlich nichtchristlichen Traditionen beeindruckt. Sie machten für ihn Absolutheitsansprüche in der eigenen Glaubenstradition fragwürdig und veränderten auch den Umgang mit biblische Texten. Die Erfahrung, dass sich durch eine solche Sichtweise erstaunliche interreligiöse Perspektiven und Aspekte schon in der Bibel selbst entdecken lassen, führte ihn dazu, biblische Geschichten frei kommentierend und aktualisierend nachzuerzählen, um auch andere religiöse Traditionen wertzuschätzen.

Reinhard Kirste nahm uns an diesem Spätnachmittag mit hinein in sein interreligiös geprägtes Nacherzählen, das neue Horizonte und Perspektiven im Verständnis biblischer Texte eröffnet. Dabei steht im Hintergrund die Einsicht, dass jede Religion unter begrenzten menschlichen und kulturellen Bedingungen von der letzten Wirklichkeit bzw. Gott erzählt und die Religionen insofern auf gegenseitige Ergänzung angelegt sind (S. Reinhard Kirstes Buch „Die Bibel interreligiös gelesen“. Nordhausen 2006, S. 7f).

Konkret führte Reinhard Kirste uns diesen Ansatz vor allem anhand von Erzählungen zu König Salomo in der hebräischen Bibel (1. Kön 3) und der neutestamentlichen Geschichte von Jesus und der Syrophönizierin (Markus 7, 24-30) vor.
Eine ausführliche Dokumentation dieser interreligiösen Auslegungen und Nacherzählungen finden Sie hier . In dieser Dokumentation finden sich auch noch weitere Texte von Reinhard Kirste zur interreligiösen Identitätserweiterung im Johannesevangelium und zu „Frauen im Stammbaum Jesu“.

Weitere interreligiöse Auslegungen von Reinhard Kirste zu den Geburtsgeschichten im Neuen Testament bei Matthäus und Lukas finden Sie hier .

Zur Person

Dr. Reinhard Kirste (*1942) hat in evangelischer Theologie promoviert. Nach 6 Jahren als Gemeindepfarrer in Hildesheim hat er von 1975-2005 als Schulreferent im ev. Kirchenkreis Iserlohn gewirkt. Reinhard Kirste  gehört zu den Pionieren des interreligiösen Dialogs – insbesondere des christlich-islamischen Dialogs – in Deutschland. Anfang der 1990er Jahre hat er die Interreligiöse Arbeitsstelle INTR°A mitbegründet und lange Jahre koordiniert. In diesem Rahmen hat er viele Beiträge, Buchreihen und anderes zum interreligiösen Dialog sowie interreligiöser Bildung und Theologie publiziert.