Begegnung-Verständigung-Kooperation – Interreligiöse Arbeit vor Ort

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Johannes Lähnemann: Begegnung – Verständigung – Kooperation. Interreligiöse Arbeit vor Ort – Erfahrungen und Perspektiven aus Nürnberg.
Göttingen: V & R unipress 2020, 131 S.

Im Jahr 2018 konnte die Nürnberger Gruppe der “Religionen für den Frieden” ihr 30jähriges Jubiläum feiern. Die Gruppe war eine der ersten in Deutschland, die den interreligiösen Dialog in Verbindung mit dem Leitwort von Hans Küng “Kein Weltfriede ohne Religionsfriede” auf ihre Fahnen geschrieben und über die Jahre in hunderten von Veranstaltungen kontinuierlich verfolgt hat. Der angezeigte, kompakte Band dokumentiert auf diesem Hintergrund die Geschichte, Grundlagen und praktischen Erfahrungen dieser sehr fruchtbaren Pionierarbeit. Sein Verfasser, der Religionspädagoge Johannes Lähnemann hat die Gruppe entscheidend geprägt und inspiriert. Er lehrte von 1981-2007 an der Universität Erlangen-Nürnberg und hat als einer der ersten ein umfassendes Konzept für das interreligiöse Lernen in schulischen und außerschulischen Kontexten entwickelt. In seiner interreligiösen Friedensarbeit hat er zugleich mit seiner Gruppe die Anbindung an die Weltorganisation RfP – Religions for Peace (früher WCRP: World Conference on Religion and Peace) gesucht, die ihre letzte Weltversammlung 2019 in Lindau abhielt.

Das erste der insgesamt sechs Kapitel des Büchleins skizziert prägnant die Anfänge des Projekts seit 1988, wobei Lähnemann anschaulich herausarbeitet wie die Leitlinien der Nürnberger Arbeit im Anschluß an den interreligiösen Aufbruch seit dem 2. Vatikanischen Konzil, im ÖRK und der World Conference on Religion and Peace (WCRP) entwickelt wurden (S. 13ff.). Kapitel zwei schildert dann sehr eindrücklich die konkreten Begegnungserfahrungen mit einzelnen Religionen, die die Gruppe im Rahmen ihrer vielfältigen Arbeit gemacht hat. Dabei sticht die Weite des Horizonts heraus, die sowohl die drei großen monotheistischen Religionen, aber zugleich auch Aleviten, Hindus, Buddhisten und Baha’i einbezieht. Das dritte, umfangreichste Kapitel (“Religionen im Dialog: Verbindendes entdecken, Trennendes verstehen, aushalten und achten”, S. 39ff.) widmet sich den theologischen und methodischen Grundlagen des Dialogs und zeigt anhand einzelner Themen (zum Beispiel der Gottesfrage oder des Themas “Gewalt in den Hl. Schriften”) was auf welche Weise voneinander gelernt werden kann. Hier werden die konzeptionellen Grundlagen und Lernchancen sehr schön und anschaulich anhand der gelebten Praxis entfaltet. Kapitel vier führt diese Reflexionen dann hinsichtlich notwendiger Grundsätze der interreligiösen Kooperation angesichts globaler Herausforderungen weiter. Dabei wird u.a. das wichtige Thema der notwendigen Verknüpfung von Spiritualität und Ethik behandelt, das in Nürnberg in den modellhaften “Gebetsstunden der Religionen” durchbuchstabiert wurde und wird. Kapitel 5 (“>Suchet der Stadt Bestes<: Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft”) dokumentiert schließlich die konkrete Arbeit in Nürnberg in einzelnen Bereichen der Stadtgesellschaft (zum Beispiel im Bildungsbereich), wobei exemplarisch spezifische Herausforderungen interreligiöser Friedensarbeit in einer Stadt verdeutlicht und reflektiert werden. Kapielt 6 rundet das Buch zu guter Letzt mit einer übersichtlichen Chronik der dreißigjährigen interreligiösen Arbeit in Nürnberg ab.

Summa summarum kann ich dem zentralen Satz der Vorstellung des Buches seitens des Verlages nur zustimmen: “Die Erfahrungen daraus können Anregung und Anleitung sein für die interreligiösen Räte, Runden Tische der Religionen und Dialogkreise, die in vielen deutschen Städten entstehen”. In der Tat: Das Buch bietet insbesondere Praktikern vor Ort, die nach Orientierung und Fundierung ihrer Arbeit suchen, reichhaltige Anregung zum Weiterdenken und Fortschreiten. Es kann für alle, denen der interreligiöse Dialog in ihrer Stadt am Herzen liegt, eine wichtige Hilfe und Ermutigung sein.

Achim Riggert